JOHN VON DÜFFEL: ÖDIPUS STADT Nach Sophokles, Euripides und Aischylos 2014  Theater St. Gallen  Regie: Katja Langenbach

JOHN VON DÜFFEL: ÖDIPUS STADT

JOHN VON DÜFFEL:
ÖDIPUS STADT

 

Nach Sophokles, Euripides und Aischylos

Premiere: 28.05.2014
Theater St. Gallen

Fotos von Tine Edel

FRAGEBOGEN I-XI / BIOGRAPHIE, EIN SPIEL  Ein Max Frisch Projekt  2013 Theater St. Gallen, Regie: Katja Langenbach

FRAGEBOGEN I-XI / BIOGRAPHIE, EIN SPIEL

FRAGEBOGEN I-XI / BIOGRAPHIE, EIN SPIEL

Ein Max Frisch Projekt
Premiere: 1.11.2013
Theater St. Gallen

Fotos von Tine Edel

THOMAS BERNHARD: AM ZIEL 2013 Theater Ulm, Regie: Katja Langenbach

THOMAS BERNHARD: AM ZIEL

THOMAS BERNHARD:
AM ZIEL

2013
Theater Ulm

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VIRGINIA WOOLF: JACOBS ZIMMER

VIRGINIA WOOLF: JACOBS ZIMMER

Aus dem Englischen von Gaby Hartel

Hörspiel in 4 Teilen Bayerischer Rundfunk 2012 Bearbeitung: Gaby Hartel Komposition: Jakob Diehl Regie: Katja Langenbach

Mit: Friedhelm Ptok, Britta Hammelstein, Sylvana Krappatsch, Wiebke Puls sowie Caroline Ebner, Dominik Kaschke, Sabine Kastius, Hans Kremer, Julia Loibl, Oliver Losehand, Alexander Lückenhaus, Benedikt Lückenhaus, Stefan Merki, Annette Paulmann, Georgia Stahl, Michaela Steiger, Andrea Wenzl und Johannes Zirner

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Die Produktion kann im Hörspielpool des Bayerischen Rundfunks angehört werden.

Eine Schriftstellerin um die Vierzig im Prozess, ihren scharfen Blick auf die Welt, deren Politik und innere Mechanik in erfahrungsnaher Literatur darzustellen. Eine untergehende Gesellschaftsform im England der (Vor-)Kriegszeit und ein junger Mann, der im Ersten Weltkrieg stirbt, noch bevor er seine Persönlichkeit voll entfalten konnte. Virginia Woolf, ihr Gegenstand und der Wunsch nach einem neuen, unmittelbaren Ausdruck: Das sind die äußeren Koordinaten des Romans Jacobs Zimmer, der 1922 erschien und ein wenig bekanntes Meisterwerk der Moderne ist.

Aus der inneren Logik des Romans entsteht eine faszinierende literarische Erfahrung, eine multisensorische Folge von atmosphärischen Ausschnitten, kurzen Einblicken, vielstimmigen Einschätzungen, die lose chronologisch aneinandergereiht sind. Wir begegnen Jacob als Kleinkind am Strand, erhaschen Eindrücke aus seiner Schulzeit, seinem Studentenleben in Cambridge, sehen ihn durchs nächtliche London zu einer Geliebten gehen oder nach Griechenland reisen. Das Unerhörte daran: Jacob selbst spricht nie und genau das war Virginia Woolfs Schlag gegen die viktorianische Erzählkonvention, in der sie sozialisiert wurde, und deren autoritäre Vorgaben sie zeitlebens angriff. Ihre gelungene Romanerfindung arbeitet erstmals mit einer Art fotografischer Schnitttechnik und zeigt, dass Jacob durchaus da ist: heraufbeschworen, nicht aus der Aufzählung von charakterbestimmenden Fakten und gedrechselten Sätzen eines allwissenden Erzählers, sondern auf geisterhafte Weise in Facetten gespiegelt: in den Blicken, Gedanken- und Gesprächsfetzen seiner Umgebung. Es ist, als blättere man mit angehaltenem Atem durch das Fotoalbum eines Fremden.

So stehen wir heutzutage im Leben, meinte Woolf, so erfahren wir die Welt: Wir gleiten durch eine Abfolge von symbolischen Räumen, durch sprechende Atmosphären, angerissene Szenen und Gesprächsfetzen, und wenn wir sie lesen lernen, verstehen wir vielleicht ein bisschen besser, wer wir sind.

Virginia Woolf ist bekannt für ihre schonungslose Selbstkritik, doch mit Jacobs Zimmer, das die Reihe ihrer berühmten Romanexperimente einleitete, war sie durchaus zufrieden: "Ich habe keinen Zweifel mehr, dass ich (mit 40!) herausgefunden habe, wie ich die Dinge in meiner eigenen Stimme ausdrücken kann", notierte sie beim Erscheinen des Romans in ihr Tagebuch

Spinnennetz, Regie Katja Langenbach

JOSEPH ROTH: DAS SPINNENNETZ

JOSEPH ROTH: DAS SPINNENNETZ

Bayerischer Rundfunk 2012

Ursendung:
27./28. Mai 2012, Bayern 2
je 54 min.

Foto von Ulrike Kreutzer

Komposition: Jakob Diehl
Bearbeitung und Regie: Katja Langenbach

Mit: Martin Carnevali, Norman Hacker, Lena Lauzemis,
Bernd Moss, Thomas Thieme, Steven Scharf

Spinnennetz, Regie Katja Langenbach

Joseph Roths erster Roman Das Spinnennetz beschreibt den unaufhaltsamen Aufstieg der Faschisten im Deutschland der 20er Jahre.
Als enttäuschter Kriegsheimkehrer findet sich der ehemalige Leutnant Theodor Lohse nicht mehr zurecht. Zerbrochen sind seine Träume vom militärischen Triumph und seine Hoffnungen auf eine herausragende gesellschaftliche Bedeutung. Stattdessen lebt er in ärmlichen Verhältnissen als Jurastudent und Hauslehrer bei einem reichen jüdischen Juwelier in Berlin. Sein Ehrgeiz treibt ihn schnell in die Arme einer rechtsradikalen Geheimorganisation, für die er zunächst als einer von vielen Spitzeln arbeitet. Endlich wieder einer klaren Führung verpflichtet, geht er über Leichen, um seine Aufgaben zu erfüllen, übereifrig, getrieben von der Angst vor der eigenen Unzulänglichkeit und Kleinheit. Morde und militärische Kameradschaftlichkeit, Denunziation, ideologiefreies Kalkül und Paktieren mit politischen Gegnern sowie die Heirat in den deutschen Adel verschaffen ihm in der Folge eine Machtposition.
Doch trotz seines gesellschaftlichen Aufstiegs findet Theodor keine Ruhe und leidet unter Verfolgungswahn. Angst und Selbstzweifel dominieren ihn bis zum Schluss, er wird nicht erlöst von dem ihn ewig quälenden Ehrgeiz, unter dem eine große innere Leere liegt. Joseph Roth beschreibt mit Theodor Lohse und den ihn umgebenden Menschen die deutsche Identitätssuche nach dem 1. Weltkrieg.
Theodor ist ein Mensch ohne Halt in einer Gesellschaft der radikalen Gegensätze zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten, Bürgertum, Adel und Proletariat, Hunger und Überfluss, Militarismus und kultureller Avantgarde, Spitzelwesen und lautstarken nationalen Studentenbewegungen, Antisemitismus und aufkeimender Demokratie, zwischen Gewalttätigkeit und Amüsierlust, zwischen Fortschritt und Reaktion. In dieser verwirrenden, explosiven gesellschaftlichen Gemengelage glaubt Theodor letztlich an nichts und niemanden – außer an sich selbst und sein Emporkommen. Einzig entscheidend ist, auf der Seite der Gewinner zu stehen. So mausert sich Theodor Lohse zum wichtigen Funktionär im sich anbahnenden nationalsozialistischen Deutschland.
Das Spinnennetz erschien als Fortsetzungsroman vom 7.Oktober bis 6. November 1923 in der Wiener Arbeiterzeitung und nahm damit die Ereignisse des Hitlerputsches, der sich nur wenige Tage nach dem letzen Abdruck ereignete, auf prophetische Weise vorweg.

HEINRICH VON KLEIST: MICHAEL KOHLHAAS 2012 Theater St. Gallen, Regie: Katja Langenbach

HEINRICH VON KLEIST: MICHAEL KOHLHAAS

HEINRICH VON KLEIST:
MICHAEL KOHLHAAS

Premiere: 19.04.2012
Theater St. Gallen

Fotos von Tine Edel

Kleines feines Reich, Regie Katja Langenbach

MEIN KLEINES, FEINES REICH

MEIN KLEINES, FEINES REICH

Die wahre Geschichte von Hansemann und Mi

Hörspiel von Gundula Iblher und Katja Langenbach

Bayerischer Rundfunk 2012

Ursendung:
14. Februar 2012, Bayern 2
ca. 55 min.

Regie: Katja Langenbach

Mit: Wiebke Puls, Tim Kramer

Foto von Ulrike Kreutzer

Kleines feines Reich, Regie Katja Langenbach

"Berühmte Menschen müssen immer ihre Memoiren schreiben, veröffentlichen ihre Briefe und lassen alle Welt in ihre persönlichen Sachen hineinsehen. Dann können andere Leute, die keine Briefe schreiben können, sich darüber verbreiten, wie sie alles besser gemacht hätten." Otto Hansen, 1930
"Bin 36-jährig, 1,92 Meter groß und ansehnlich, Wasserwanderer und Liebhaberfotograf, Kaufmann und Idealist", so lautete die Selbstbeschreibung der Heiratsanzeige, die der Hamburger Otto Hansen beim BUND aufgab, der "ersten Treuhandorganisation des Sichfindes". Unter den über 70 Frauen, die ihm mit Bewerbungsschreiben antworteten, war eine mit türkischem Absender: "Maria Heldmann, Guraba Hospital, Istanbul". Sie war eine hessische Pfarrerstochter, die ein für die damalige Zeit ungewöhnlich emanzipiertes Leben führte: unverheiratet und Leiterin einer Schwesternschule im Orient, wo sie für dreißig Mitarbeiterinnen verantwortlich war, dennoch mit der Sehnsucht nach einer "echten deutschen Ehe".
Der Briefwechsel, der sich zwischen "Hansemann" und "Mi" – wie sich die beiden bald zärtlich nannten - entspann, wurde von ihrer Enkeltochter entdeckt. Er ist ein lebhaftes Stück Alltagsgeschichte und gewährt einen privaten Einblick in die bewegte Zeit um 1930 in einer manchmal befremdlich deutschtümelnden Sprache. Der nüchterne Kaufmann und die impulsive Oberschwester versuchen, sich zwischen wagner‘ schem Pathos und technischem Fortschritt zu orientieren, zwischen Emanzipation und Konvention, Naturschwärmerei und Wirtschaftskrise, deutsch-nationalem Idealismus und Kriegstrauma. Ihre Reaktion auf die schwierigen Positionsbestimmungen liegt in einem kaum zu unterdrückenden Bedürfnis nach dem Rückzug ins Private. Und so ist fünf Monate und zahllose Briefe später alles ausgemacht: Maria Heldmann macht sich auf die Reise nach Hamburg zu einem Mann, den sie noch nie gesehen hat. Er soll der "Finanzminister", sie die "Innen- und Kultusministerin" ihres "feinen, kleinen Reiches" werden. Doch diese Liebesgeschichte zwischen zwei einfachen Menschen zeigt, dass sich Privatleben und Zeitgeschehen nicht voneinander trennen lassen. Das Familienidyll scheiterte an den politischen Ereignissen. Nach nur sieben Ehejahren brach der Krieg aus, die junge Familie wurde auseinander gerissen. Acht Monate nachdem sie wieder zusammen fand, starb Maria Heldmann.
"Die Zeit bekommt immer mehr Tempo und wer weiß, wie wir uns noch mal über die tolle Jugend werden wundern müssen, wenn wir ihre Taten an unseren veralteten Ansichten von 1930 messen werden."

JULI ZEH: GOOD MORNING, BOYS AND GIRLS 2011 Theater Ulm, Regie: Katja Langenbach

JULI ZEH: GOOD MORNING, BOYS AND GIRLS

JULI ZEH: GOOD MORNING, BOYS AND GIRLS

Premiere: 8.12.2011 Theater Ulm

FRANZ KAFKA: AMERIKA 2011 Theater Ingolstadt, Regie: Katja Langenbach

FRANZ KAFKA: AMERIKA

FRANZ KAFKA: AMERIKA

2011
Theater Ingolstadt

AISCHYLOS: DIE PERSER

AISCHYLOS: DIE PERSER

Bayerischer Rundfunk/Münchner Kammerspiele 2011

Ursendung:
25. Juni 2011, Bayern 2
ca. 90 min.

Wiedergegeben von Durs Grünbein
Komposition: Carl Oesterhelt
Regie: Katja Langenbach, Johan Simons

Mit: Nico Holonics, Stefan Hunstein, Sylvana Krappatsch, Wolfgang Pregler, Hildegard Schmahl und einem Münchner Bürgerchor

In Die Perser greift der griechische Dichter Aischylos acht Jahre nach der Schlacht bei Salamis 480 v. Chr. – bei der er selbst dabei war – einen aktuellen Stoff auf. Es ist das älteste Stück des klassich-antiken Theaters und gilt als eines der ältesten der Welt. Außerordentlich ist Aischylos’ klug gewählte Perspektive, aus der Sicht des geschlagenen Gegners zu erzählen.
Atossa, die Mutter des jungen Perserkönigs Xerxes, ahnt das Unglück. Zusammen mit dem Rat der Ältesten wartet sie vor dem Palast in Susa auf Nachrichten aus der Schlacht. Xerxes ist erneut gegen die Griechen in den Krieg gezogen. Mit der Nachricht eines Boten werden die Befürchtungen war. Gemeldet wird der Untergang der mehr als 200 Schiffe umfassenden Flotte bei Salamis und die Niederlage des Heeres. Die Klage von Chor und Mutter mündet in eine Beschwörung des Geistes des Dareios, Vater und Vorgänger des Xerxes, der das Unglück als Strafe für Hybris, Machtstreben und Verblendung seines Sohnes deutet. Schließlich erscheint Xerxes: sich in Selbstanklage zerfleischend und zugleich die Ursache für die Katastrophe einem von außen auferlegten Schicksal zuschreibend. Zusammen mit dem Chor ertönt eine generationenübergreifende Schmerzens- und Totenklage.
"Das Drama des zoon politikon, das ohne Not sein Gemeinwesen aufs Spiel setzt, sich selbst überlassen, ausgeliefert den eigenen Kriegszielen und dem Phantasma der Allgewaltigen – Statistiken, Informationsströme, Medien, Dämonen, das sind Die Perser des Aischylos" schreibt der Lyriker Durs Grünbein. In Die Perser zeigt sich die Utopie in der Empathie der Sieger für die Besiegten. Der geschlagene Gegner muss nicht herabgesetzt werden, vielmehr stellen die Griechen sich im Mitleiden mit den geschlagenen Persern selbst in Frage.

Die Perser in der Inszenierung von Johan Simons, dem Intendant der Münchner Kammerspiele, wurde zunächst als Theateraufführung konzipiert. Für die Aufführung des Stückes haben die Münchner Kammerspiele den konventionellen Theaterraum verlassen und sich mit der ehemaligen Bayern-Kaserne in München Freimann für einen Schauplatz entschieden, der die Themen und Topoi der ältesten griechischen Tragödie aufgreift und in einen Bezug zur Gegenwart setzt. Neben dem Ensemble der Kammerspiele gibt es dort eine künstlerische Zusammenarbeit mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, die Krieg erfahren haben. Der antike Chor besteht zum einen aus einem Bürgerchor, der durch seine Biografien den zeitgeschichtlichen Vorgaben des Ortes und den inhaltlichen des Stückes teilweise folgt: Bürgerinnen und Bürger, die noch konkrete Erinnerungen und Erlebnisse mit dem Zweiten Weltkrieg verbinden. Diesen historischen Zeugen, die am ehesten dem greisen Chor bei Aischylos entsprechen, wurde zum anderen eine zweite Gruppe an die Seite gestellt, deren Biografien von Kriegen der jüngeren Geschichte geprägt sind: Flüchtlinge aus dem Irak, Uganda und Bosnien.

Unmittelbar nach der Theateraufführung wird Aischylos’ Text als Hörspiel inszeniert. Die besondere Verbindung aus Ensemble und Bürgerchor wird dabei von Johan Simons und Katja Langenbach in seinen klanglichen Dimensionen erfahrbar gemacht und von den Kompositionen Carl Oesterhelts begleitet.

PRESSE

FUNKKORRESPONDENZ 24.6.2011
Ein eindringliches Erlebnis
Aischylos: Die Perser. Wiedergegeben von Durs Grünbein (Bayern 2)
Bayern 2 Sa 25.6. 15.05 bis 16.45 Uhr

Eine der schrecklichsten Schlachten Europas, Menschengemetzel unbekannten Ausmaßes, schlimmer als Waterloo und an Vernichtungswut mit Stalingrad zu vergleichen, liegt mehr als 2000 Jahre zurück. Im Jahr 480 v. Chr. vernichteten die zahlenmäßig unterlegenen Griechen bei Salamis das vorher nie besiegte Heer der Perser, die unter Dareios (Darius) ein Weltreich aufgebaut hatten. Sein Sohn Xerxes, machtbesessen und vom anfänglichen Kriegsglück verblendet, verlor an einem einzigen Tag seine ganze Flotte von mehr als 200 Schiffen und das gesamte Heer. Nur wenige, darunter er selbst, überlebten die Niederlage.
An dieser vernichtenden Schlacht nahm auf griechischer Seite der Dramatiker Aischylos teil. Nur vier Jahre nach der Schlacht von Salamis errang er den ersten seiner 13 Siege im Tragiker-Agon, also einem Theater-Wettkampf. 90 Tragödien soll er geschrieben haben, von denen jedoch nur sieben erhalten sind, darunter (neben der Trilogie der „Orestie“) sein wohl berühmtestes Werk: „Die Perser“. Die Uraufführung wird auf das Jahr 472 datiert. Aischylos schildert in dem Stück als Angehöriger der Siegernation in ungewöhnlicher Perspektive das Geschehen aus der Sicht der Geschlagenen.

Nicht zum ersten Mal hat die Hörspieldramaturgie des Bayerischen Rundfunks (BR), die bekanntermaßen und glücklicherweise vor hohen Ansprüchen nicht zurückschreckt, eine Zusammenarbeit in synergischer Kreativität mit einer „Schwesterdisziplin“ gewagt, in diesem Fall mit dem Theater, hier den Münchener Kammerspielen. Dabei wurde – und das erweist sich als wahrer Glücksgriff – der Lyriker Durs Grünbein mit der Übersetzung aus dem Griechischen beauftragt. Offensichtlich mit dem Original sehr vertraut und voller Respekt vor dessen Sprachgewalt gelingt ihm eine Übertragung, die den „klassischen“ Ton wahrt, mit großer Sicherheit und Sensibilität die Metrik nachformt, den Rhythmus ebenso beibehält wie den „tragischen Klang“, und dies auf eine Weise, die man nicht als „modern“ bezeichnen mag, denn diese Floskel greift hier nicht.

Durs Grünbein ist es vielmehr gelungen, eine poetische Harmonie zwischen Original und Übertragung zu erschaffen, die alle Bewunderung wert ist. Metrik fordert äußerste Genauigkeit, Disziplin, aber auch poetische Fantasie und gelegentlich durchaus kühne Freiheit im Umgang mit der Semantik („Sind ihnen Pfeile bekannt? / Verstehn sie, den Bogen zu führen, geschickt?“). Und selbst da, wo – an wenigen Stellen – Modernismen oder dialektale Einsprengel im ersten Moment irritieren und zu stören scheinen, erweisen sie sich im Zusammenklang als nachvollziehbarer Tribut an den metrischen Kosmos des Gesamtwerks („In Athen, heißt das, / ging kein einziger Ziegel zu Bruch“ oder „Wer von den Jungs / hat den Feldzug geführt, / sag mir das“).

Johan Simons, der Intendant der Münchener Kammerspiele, hat zusammen mit Katja Langenbach die Produktion zunächst als Theateraufführung inszeniert. Der vertraute Umgang der Schauspieler mit dem schwierigen Text tut der Interpretation gut. Es entsteht eine Intensität der Gestaltung, die dem Hörer das Geschehen bedrängend nahebringt. Virtuos, aber einfühlsam gehandhabte, wechselnde Ausdrucks- und Klangebenen zeichnen den Sprechduktus von Hildegard Schmahl als Chorführerin aus. Ihr stehen die anderen Protagonisten in nichts nach – Sylvana Krappatsch als Atossa, Mutter des Xerxes, Nico Holonics als Xerxes selbst und vor allem Wolfgang Pregler als großer Staatsgründer Dareios und verzweifelter Vater des menschenverachtenden, Städte schleifenden und doch, in all seiner Hybris, unglückseligen Sohnes.

Der Produktionsort für die Theaterperformance wurde auch für die rund 100-minütige Hörspielinszenierung beibehalten. Die Bayern-Kaserne im Münchener Stadtteil Freimann ist heute Unterkunft für Flüchtlinge aus Krieg führenden Ländern und Krisenregionen. Viele wirken mit im akzentuiert eingesetzten Chor, der die Bedrängnis der Besiegten durch diese besondere Authentizität eindrucksvoll umsetzt. Gelegentliche stimmliche Unzulänglichkeiten tun dem Gesamten keinen Abbruch, zumal der dumpfe und bedrängende Ton des Komponisten und Percussionisten Carl Oesterhelt die zunehmende, stumpfe Ohnmacht des einstmals so glanzvollen und siegesgewohnte Heeres auf äußerst suggestive Weise durchgehend präsent hält.

„Die Perser“ ist ein eindringliches Erlebnis, das auch in Hörbuchform auf großes Interesse bei allen Liebhabern von Sprach- und Medienkunst stoßen sollte. (Die Produktion steht nach der Ursendung auf Bayern 2 auch als Download im BR-Hörspielpool bereit.)

24.06.11 - Angela di Ciriaco-Sussdorff/FK